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Rechtsverordnung
für das Siegelwesen der Evangelischen Landeskirche in Baden
(Siegelrechtsverordnung - SiegelRVO)

Vom 17. Dezember 2024 (GVBl. 2025, Nr. 18, S. 58)

Der Evangelische Oberkirchenrat hat nach § 81a des Kirchlichen Gesetzes über Zusammensetzung, Wahl und Aufgaben von Leitungsorganen in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 20. Oktober 2005 (GVBl. 2006, S. 33), zuletzt geändert am 24. Oktober 2024 (GVBl. 2025, Nr. 3, S. 6), folgende Rechtsverordnung erlassen:
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Abschnitt 1
Rechtliche Grundbestimmungen

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§ 1
Kirchliche Siegel

In der Evangelischen Landeskirche in Baden werden in Ausübung der Rechte als Körperschaft des öffentlichen Rechts und im Rahmen kirchlicher Eigenständigkeit Siegel als formgebundene Beweiszeichen nach den folgenden Bestimmungen geführt.
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§ 2
Siegelberechtigung

( 1 ) Siegelberechtigt sind
  1. die Pfarrgemeinde, die Personalgemeinde und die Kirchengemeinde; Predigtbezirke sind nicht siegelberechtigt;
  2. der Gemeindeverband,
  3. der Kirchenbezirk,
  4. der Stadtkirchenbezirk,
  5. der Verwaltungszweckverband,
  6. die Landeskirche mit
    a.
    der Landesbischöfin oder dem Landesbischof,
    b.
    dem Landeskirchenrat,
    c.
    der Landessynode
    d.
    dem Evangelische Oberkirchenrat,
  7. die Stiftung Schönau sowie die Schulstiftung der Evangelischen Landeskirche in Baden,
  8. die kirchlichen Gerichte,
  9. bei diakonischen Aufgaben das zuständige unselbstständige Diakonische Werk oder der zuständige Diakonieverband,
  10. die Hochschulen.
( 2 ) Jeder und jedem Siegelberechtigten steht ein eigenes Siegel mit besonderem Siegelbild und besonderer Siegelumschrift zu, das sich von anderen Siegeln unterscheidet.
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§ 3
Ausübung der Siegelberechtigung

Die Siegelberechtigung wird ausgeübt durch die jeweils vertretungsberechtigten Organe oder den von diesen mit der Ausübung der Siegelberechtigung beauftragen Dienst- und Geschäftsstellen.
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§ 4
Siegelführung

( 1 ) Zur Führung des Siegelstempels (Siegelführung) sind befugt die Amtsinhaberin oder der Amtsinhaber, die Geschäftsführung, die Dienststellenleitung, die Person im Vorstand der siegelführenden Stiftung oder die Person im Vorsitzendenamt des vertretungsberechtigten Organs und jeweils deren Stellvertretungen. Im Falle einer vakanten Stelle ist zur Führung des Siegels die Vakanzvertretung befugt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VertrKRVO).
( 2 ) Die Siegelführung kann insbesondere an die Geschäftsführung eines zentralen Pfarramtsbüros oder an einen Verwaltungszweckverband delegiert werden. Sind in diesem Fall oder in anderen Fällen zur Ausübung der Siegelführung mehrere Siegelstempel mit gleichem Siegelbild und gleicher Umschrift erforderlich, müssen sich diese durch je ein besonderes Beizeichen voneinander unterscheiden.
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§ 5
Siegelverwendung

( 1 ) Gesiegelt werden dürfen ausschließlich Dokumente des kirchlichen Amtsbereichs.
( 2 ) Das Siegel wird zu der eigenhändigen Unterschrift der oder des Siegelführenden im Rahmen dienstlicher Obliegenheiten beigedrückt
  1. bei Urkunden, durch die Rechte oder Pflichten begründet, anerkannt oder verändert werden sollen;
  2. bei der Erteilung von Vollmachten, zur Vertretung beim Notariat und vor Gericht;
  3. bei amtlichen Auszügen aus Kirchenbüchern,
  4. bei Beglaubigungen von Abschriften (insbesondere von Urkunden),
  5. in den Fällen, die sich aus staatlichen Vorschriften ergeben.
( 3 ) Eine andere Verwendung des Siegels, insbesondere zur Absenderangabe oder als Besitzvermerk in Büchern und ähnlichem, ist unzulässig. Nicht zu siegeln sind Verträge der laufenden Verwaltung einschließlich Arbeitsverträge und Betriebskostenverträge von Kindertageseinrichtungen.
( 4 ) Nicht gesiegelt werden dürfen Urkunden aus dem staatlichen Amtsbereich, auch nicht zum Zweck einer Beglaubigung, insbesondere
  1. staatliche Personenstandsurkunden,
  2. Registerauszüge aus dem Grundbuch,
  3. Registerauszüge aus dem Liegenschaftskataster,
  4. Handels- und Vereinsregisterauszüge,
  5. Auszüge aus dem Gewerbe- oder Bundeszentralregister,
  6. Einladungen im Visumverfahren,
  7. notarielle Urkunden,
  8. Schul- und andere Zeugnisse.
( 5 ) Nicht gesiegelt werden dürfen aus dem kirchlichen Amtsbereich
  1. Protokollauszüge über Beschlüsse von Organen kirchlicher Körperschaften und
  2. Auszüge aus Kirchenbüchern, für die die siegelführende Stelle nicht zuständig ist.
Die durch den Evangelischen Oberkirchenrat vorgenommene Beglaubigung von Auszügen der im Bereich der Landeskirche geführten Kirchenbücher bleibt von Nummer 2 unberührt.
( 6 ) Abschriften des kirchlichen Amtsbereichs dürfen nicht beglaubigt werden, wenn Umstände zu der Annahme berechtigen, dass der ursprüngliche Inhalt des Schriftstückes, dessen Abschrift beglaubigt werden soll, geändert worden ist, insbesondere wenn dieses Schriftstück Lücken, Durchstreichungen, Einschaltungen, Änderungen, unleserliche Wörter, Zahlen oder Zeichen, Spuren der Beseitigung von Wörtern, Zahlen und Zeichen enthält oder wenn der Zusammenhang eines aus mehreren Blättern bestehenden Schriftstückes aufgehoben ist.
( 7 ) Soweit seitens der Adressaten eines Schreibens eine Siegelführung erbeten wird und dies nicht missbräuchlich ist, kann das Siegel beigedrückt werden.
( 8 ) Siegeln auf Vorrat ist unzulässig.
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§ 6
Beweiskraft

( 1 ) Durch das Siegel wird festgestellt, dass die mit dem Siegel versehene Urkunde von derjenigen, die als ausstellende Person angegeben ist, herrührt. Des Weiteren wird festgestellt, dass die ausstellende Person im Rahmen ihrer Zuständigkeit oder Vertretungsmacht gehandelt hat.
( 2 ) Bei Beglaubigungen von Abschriften wird durch das Siegel bestätigt, dass die Abschrift dem Original entspricht.
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Abschnitt 2
Siegelgestaltung und Siegelherstellung

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§ 7
Siegelgestaltung

( 1 ) Das Siegel hat eine kreisrunde Form und besteht aus Siegelbild und Siegelumschrift.
( 2 ) Das Siegelbild muss klar und einfach dargestellt und in siegelkundlich zulässiger Weise stilisiert sein. Es soll in sachlicher oder geschichtlicher Beziehung zum Siegelberechtigten stehen.
( 3 ) Die Siegelumschrift gibt die Bezeichnung der oder des Siegelberechtigten wieder; im Falle des § 2 Abs. 1 Nr. 6 richtet sich die Bezeichnung nach den Buchstaben a) bis d). Sie läuft gebrochen von links nach rechts. Dabei befindet sich die Bezeichnung des Siegelberechtigten nach § 2 am oberen und deren oder dessen Name am unteren Rand des Siegels. Die Schrift soll dem Stil des Siegelbildes entsprechen.
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§ 8
Siegelgröße

Normalsiegel haben einen Durchmesser von 35 mm, Kleinsiegel für Formulare mit beschränktem Raum einen Durchmesser von 21 mm. Ein Großsiegel mit einem Durchmesser von 70 mm wird nur von der Landesbischöfin oder dem Landesbischof für besondere Urkunden geführt.
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§ 9
Siegelfarben

Für das Siegel wird schwarze oder blaue Farbe verwendet.
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§ 10
Einführung und Gestaltung

Über die Einführung und Gestaltung eines neuen und über die Änderung eines in Benutzung befindlichen Siegels entscheidet
  1. für die Siegelberechtigten nach § 2 Abs. 1 Nummern 1 bis 4 die Stelle nach § 3;
  2. für die Siegelberechtigten nach § 2 Abs. 1 Nummern 5 und 6 der Evangelische Oberkirchenrat;
  3. für die Siegelberechtigten nach § 2 Abs. 1 Nummern 7 bis 10 der Evangelische Oberkirchenrat im Benehmen mit den Siegelberechtigten.
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§ 11
Siegelentwurf

Mit dem Entwurf ist eine Graphikerin oder ein Graphiker zu beauftragen, die oder der für die oder den Siegelberechtigten auch eine Reinzeichnung des Entwurfs anfertigt.
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§ 12
Siegelherstellung

( 1 ) Die Anfertigung des Siegels ist einem Fachbetrieb zu übertragen. Von jedem Entwurf darf nur ein Siegel angefertigt werden, unbeschadet der Bestimmung nach § 4 Abs. 2 Satz 2.
( 2 ) Normal- und Kleinsiegel sowie das Großsiegel werden als Farbdruckstempel aus Metall oder Gummi angefertigt.
( 3 ) Die einwandfreie Anfertigung und Übereinstimmung des Abdrucks mit dem genehmigten Entwurf sind von der oder dem Siegelführenden zu prüfen. Durch Beschluss der oder des nach § 3 zur Ausübung Berechtigten wird das Siegel sodann abgenommen.
( 4 ) Die Unterlagen über die Herstellung sind zu den Akten zu nehmen.
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§ 13
Siegeländerung

( 1 ) Ändern sich die rechtlichen Verhältnisse oder die amtliche Bezeichnung der oder des Siegelberechtigten, so ist ein neues Siegel herzustellen.
( 2 ) Der Evangelische Oberkirchenrat kann die oder den nach § 3 zur Ausübung Berechtigten auffordern, die Änderung eines Siegels herbeizuführen, soweit das Siegel den Bestimmungen dieser Rechtsverordnung widerspricht. Kommt die oder der Siegelberechtigte innerhalb einer angemessenen Frist der Aufforderung nicht nach, kann die Aufsichtsbehörde das Siegel außer Geltung setzen.
( 3 ) Für die Änderung des Siegels gelten im Übrigen die Vorschriften der §§ 11 und 12 entsprechend.
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§ 14
Einheitliches Siegelbild

Die Siegelberechtigten können anstelle der Herstellung eines eigenen Entwurfes des Siegelbildes ein einheitliches Siegelbild verwenden, das vom Evangelischen Oberkirchenrat zur Verfügung gestellt wird. Die Vorlage des einheitlichen Siegelbildes wird im Gesetzes- und Verordnungsblatt der Evangelischen Landeskirche in Baden veröffentlicht.
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Abschnitt 3
Sicherungsvorschriften

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§ 15
Anzahl Siegel

Die Anzahl der zu beschaffenden Siegel ist auf das notwendige Maß zu beschränken.
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§ 16
Aufbewahrung

Jedes Siegel ist zu inventarisieren. Dabei sind die Namen des Siegelberechtigten anzugeben. Das Siegel ist nach Gebrauch unverzüglich wieder unter Verschluss zu nehmen und vor Entwendung und Missbrauch zu sichern.
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§ 17
Abnutzung, Beschädigung

Der Siegelabdruck muss lesbar sein. Ein abgenutztes oder beschädigtes Siegel, das keinen einwandfreien Abdruck mehr ergibt, muss der nach § 3 zur Ausübung Berechtigte außer Gebrauch setzen. § 13 Abs. 3 findet entsprechende Anwendung.
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§ 18
Abhandenkommen

Der Verlust eines Siegels ist unverzüglich dem Evangelischen Oberkirchenrat mitzuteilen, der im Einvernehmen mit der siegelführenden Stelle entscheidet, ob eine Neuanfertigung mit Beizeichen oder ein Siegel mit neuem Siegelbild anzuschaffen ist. Bis zur Herstellung des neuen Siegels wird entweder das „Kleinsiegel“ oder der Dienststempel mit dem Vermerk „In Ermangelung eines Siegels“ verwendet; auch kann eine andere siegelführende kirchliche Stelle um Beglaubigung gebeten werden.
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§ 19
Abgabe von Siegeln

Aufgehobene, nicht mehr in Gebrauch befindliche und schadhafte Siegel sind dem Landeskirchlichen Archiv abzuliefern.
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Abschnitt 4
Übergangs- und Schlussvorschriften

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§ 20
Verwendung bisheriger Siegel

Siegel, deren Umschrift der amtlichen Bezeichnung des Siegelberechtigten nach § 2 nicht entspricht, können bis zur Einführung eines neuen Siegels verwendet werden.
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§ 21
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. November 2024 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig treten außer Kraft:
  1. die Siegelordnung vom 20. April 1982 (GVBl. S. 101), zuletzt geändert am 21. August 2018
    (GVBl. S. 290) und
  2. die Richtlinien für die Gestaltung und Herstellung der Siegel in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 8. Juni 1971 (GVBl. S. 147).
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