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Rechtsverordnung
zur Ausführung des Kirchenmusikgesetzes
(RVO Kirchenmusik)

Vom 1. Dezember 2015 (GVBl. 2016 S. 2)

geändert am 23. März 2021 (GVBl. , Teil I, Nr. 31, S. 82)

Der Evangelische Oberkirchenrat erläßt gemäß § 16 des Kirchlichen Gesetzes über den kirchenmusikalischen Dienst in der Evangelischen Landeskirche in Baden vom 24. Oktober 2012 (GVBl. S. 226), geändert am 21. Oktober 2015 (GVBl. S. 175) folgende Rechtsverordnung:
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§ 1
Verteilung der Kantoratsstellen

( 1 ) Nach Stellungnahme des Bezirkskirchenrates weist der Evangelische Oberkirchenrat die Kantoratsstellen in der Regel den Kirchengemeinden zu. Wird die Kantoratsstelle mehreren Kirchengemeinden zugewiesen (Gruppenkantorat), so ist der Dienstsitz der Kirchenmusikerin oder des Kirchenmusikers auf der Kantoratsstelle vorher durch den Kirchenbezirk im Einvernehmen mit dem Evangelischen Oberkirchenrat zu bestimmen. Gemeindliche Dienste der Kirchenmusikerin oder des Kirchenmusikers auf der Kantoratsstelle können in Ausnahmefällen mit Aufgaben im Kirchenbezirk verbunden werden.
( 2 ) Der Evangelische Oberkirchenrat kann Kantoratsstellen dem Kirchenbezirk zuweisen. Dienstsitz ist in diesem Fall das Dekanat.
( 3 ) Kantoratsstellen können im Evangelischen Oberkirchenrat oder als weitere Stelle in der Landeskirche eingerichtet werden.
( 4 ) Der Evangelische Oberkirchenrat unterteilt die Kantoratsstellen in folgende Kategorien:
  1. Stellen mit lokaler Bedeutung,
  2. Stellen mit regionaler Bedeutung,
  3. Stellen mit regionaler Bedeutung und künstlerischem Schwerpunkt,
  4. Stellen mit überregionaler Bedeutung.
( 5 ) Die Regelungen des Kirchlichen Gesetzes zur Erprobung der Ressourcensteuerung im Kirchenbezirk gehen diesen Bestimmungen vor.
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§ 2
Anstellungsvoraussetzungen für Kantoren

( 1 ) Voraussetzung für die Anstellung durch die Landeskirche ist der Abschluss eines Diplom- bzw. Bachelorstudiengangs der evangelischen Kirchenmusik an einer Musikhochschule.
( 2 ) Für die Stellen nach § 1 Abs. 4 Nr. 1 und 2 ist ein Bachelorabschluss evangelische Kirchenmusik notwendig, für die Stelle nach § 1 Abs. 4 Nr. 3 ein Bachelorabschluss evangelische Kirchenmusik und ein einschlägiger Masterabschluss, für die Stellen nach § 1 Abs. 4 Nr. 4 ist ein Bachelor- und Masterabschluss evangelische Kirchenmusik erforderlich.
( 3 ) Der Evangelische Oberkirchenrat kann in einzelnen Fällen andere Ausbildungsgänge anerkennen, wenn sie der in Absatz 1 vorgesehenen Ausbildung als gleichwertig anzusehen sind oder wenn sie durch entsprechende Zusatzausbildung einer solchen gleichgestellt werden können.
( 4 ) In den ersten beiden Dienstjahren ist verpflichtend ein Traineeprogramm zu absolvieren, in welchem pädagogische, kybernetische, praktisch-theologische und personale Kompetenzen erworben bzw. fortentwickelt werden. Das Traineeprogramm ist wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit der Kantorinnen und Kantoren in den ersten Amtsjahren und im Dienstplan zu verorten.1#
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§ 3
Ausschreibung, Bewerbung

( 1 ) Kantoratsstellen sind auszuschreiben. Die Ausschreibung soll in der Zeitschrift des Verbandes evangelischer Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker in Deutschland („Forum Kirchenmusik“) erfolgen. Für die Ausschreibung ist der Evangelische Oberkirchenrat verantwortlich.
( 2 ) Der Evangelische Oberkirchenrat soll die Ausschreibung der Kantoratsstelle nach § 1 Abs. 1 und 2 auf die Stellenbesetzungskommission (§ 5) delegieren, wenn keine dienstlichen Belange entgegenstehen. Die Stellenbesetzungskommission fertigt in diesem Fall einen Vorschlag für einen Ausschreibungstext, der dem Evangelischen Oberkirchenrat vorgelegt wird. Die endgültige Fassung wird vom Evangelischen Oberkirchenrat nach Stellungnahme der zuständigen Landeskantorin oder des zuständigen Landeskantors festgelegt.
( 3 ) Bewerbungen sind an das jeweils zuständige Landeskantorat (§ 9 KMusG) zu richten.
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§ 4
Vorauswahl

Der Evangelische Oberkirchenrat trifft, auf Vorschlag der zuständigen Landeskantorin oder des zuständigen Landeskantors, unter den Bewerbungen eine Vorauswahl.
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§ 5
Stellenbesetzungskommission
für die Besetzung von Stellen
nach § 1 Abs. 1 und 2

( 1 ) Der Evangelische Oberkirchenrat bildet im Einvernehmen mit der betroffenen Kirchengemeinde und mit dem betroffenen Kirchenbezirk eine Stellenbesetzungskommission. Diese besteht aus:
  1. bis zu drei durch den Bezirkskirchenrat des Kirchenbezirks, dem die Pfarrgemeinde oder die Pfarrgemeinden angehört oder angehören, in der die Kantoratsstelle zu besetzen ist, entsandte Personen, darunter in der Regel die Dekanin oder der Dekan sowie in der Regel die Vertrauenspfarrerin oder der Vertrauenspfarrer für Kirchenmusik,
  2. bis zu drei durch den Evangelischen Oberkirchenrat entsandte fachliche Beratungspersonen, darunter die zuständige Landeskantorin oder der zuständige Landeskantor,
  3. bis zu fünf Vertreterinnen oder Vertretern der vor Ort bestehenden vokalen oder instrumentalen Ensembles. Diese werden durch den Evangelischen Oberkirchenrat im Benehmen mit den Beteiligten vor Ort benannt.
( 2 ) Bei Stellen nach § 1 Abs. 1 gehören der Stellenbesetzungskommission zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Personen bis zu drei durch den Kirchengemeinderat der Kirchengemeinde, zu der die Pfarrgemeinde gehört, in der die Kantoratsstelle zu besetzen ist, entsandte Personen an; darunter sollen in der Regel Mitglieder des Ältestenkreises sowie eine Gemeindepfarrerin bzw. ein Gemeindepfarrer der betroffenen Pfarrgemeinde sein.
( 3 ) Bei Stellen im Stadtkirchenbezirk gehören der Stellenbesetzungskommission zusätzlich zu den in Absatz 1 genannten Personen bis zu drei weitere Personen an, die durch den Bezirkskirchenrat des Kirchenbezirks, dem die betroffene Pfarrgemeinde oder die betroffenen Pfarrgemeinden angehört oder angehören, entsandt werden; darunter sollen in der Regel Mitglieder des Ältestenkreises sowie eine Gemeindepfarrerin bzw. ein Gemeindepfarrer der betroffenen Pfarrgemeinde sein.
( 4 ) Die Vertreterinnen oder Vertreter nach Absatz 1 Nummer 3 dürfen die Zahl der tatsächlich nach Absatz 1 Nummer 1 und 2, Absatz 2 und Absatz 3 in die Stellenbesetzungskommission entsandten Personen nicht erreichen.
( 5 ) Die zuständige Landeskantorin oder der zuständige Landeskantor hat den Vorsitz in der Stellenbesetzungskommission.
( 6 ) Die Sitzungen der Stellenbesetzungskommission sind nicht öffentlich und vertraulich.
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§ 6
Verfahren für die Besetzung von Stellen nach § 1

( 1 ) Die Stellenbesetzungskommission lädt aus den vom Evangelischen Oberkirchenrat vorausgewählten Personen geeignete Bewerberinnen und Bewerber zu einer persönlichen Vorstellung ein. Die Mitglieder der von der Stellenbesetzung betroffenen gemeindlichen Leitungsorgane und des zuständigen Bezirkskirchenrats können an der persönlichen Vorstellung (§ 7) mit Ausnahme des Vorstellungsgesprächs als Gäste teilnehmen.
( 2 ) Nach Abschluss der Vorstellungen tauscht sich die Stellenbesetzungskommission über die Qualifikation der Bewerberinnen und Bewerber aus. Im Anschluss hieran stimmt die Stellenbesetzungskommission darüber ab, welche Bewerberinnen und Bewerber dem Evangelischen Oberkirchenrat zur Anstellung vorgeschlagen werden, sowie gegebenenfalls über die Reihenfolge der Vorschläge. Für Abstimmungen gilt Art. 108 GO.
( 3 ) Die zuständige Landeskantorin oder der zuständige Landeskantor verfasst über ihre oder seine fachliche Beurteilung der Bewerberinnen und Bewerber, die gemäß § 6 Abs. 2 vorgeschlagen werden, einen schriftlichen Bericht, der dem Evangelischen Oberkirchenrat zusammen mit dem Vorschlag der Stellenbesetzungskommission vorgelegt wird.
( 4 ) Bei Stellen nach § 1 Abs. 3 entscheidet der Evangelische Oberkirchenrat über ein geeignetes Bewerbungsverfahren.
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§ 7
Persönliche Vorstellung der Bewerberinnen oder der Bewerber
für die Besetzung von Stellen nach § 1 Abs. 1 und 2

( 1 ) Die Vorstellung der Bewerberin oder des Bewerbers umfasst in der Regel:
  1. künstlerisches und liturgisches Orgelspiel (45 bis 60 Minuten),
  2. Chorleitung (45 bis 60 Minuten),
  3. Vorstellungsgespräch mit der Stellenbesetzungskommission,
  4. auf Wunsch der Stellenbesetzungskommission fakultativ Proben mit weiteren Ensembles (z.B. Kinderchor, Gospelchor, Posaunenchor).
( 2 ) Gehört die Bläserarbeit zum Dienstauftrag der zu besetzenden Stelle, nimmt die zuständige Landesposaunenwartin oder der zuständige Landesposaunenwart an der Vorstellung beratend teil. Gehört die Sachverständigentätigkeit im Orgel- und Glockenwesen zum Dienstauftrag der zu besetzenden Stelle, nimmt die Leiterin oder der Leiter des Orgel- und Glockenprüfungsamtes im Evangelischen Oberkirchenrat an der Vorstellung beratend teil.
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§ 8
Finanzielle Beteiligung der Kirchengemeinde

( 1 ) Die Kirchengemeinde, in der eine Kantorin oder ein Kantor mit mindestens 50 Prozent Deputat Dienst eingesetzt ist, beteiligt sich an den Personalkosten durch Entrichtung eines Pauschalbetrags je Kantoratsstelle an die Evangelische Landeskirche in Baden. Für vom Land Baden-Württemberg zum kirchenmusikalischen Dienst zugewiesene Landesbeamtinnen und Landesbeamte ist der Pauschalbetrag bei einem Deputat von mindestens 30 Prozent zu entrichten. Dieser Betrag wird jährlich um die durchschnittliche Tariferhöhung für Beschäftigte der Landeskirche in Entgeltgruppe 12, Stufe 5 im Vorjahre, gerundet auf volle hundert Euro, angepasst. Die Änderung des Pauschalbetrages wird vom Evangelischen Oberkirchenrat im Gesetzes- und Verordnungsblatt der Landeskirche bekannt gegeben.
( 2 ) Der Pauschalbetrag ist unabhängig von der Kategorie der Kantoratsstelle, dem Deputatsumfang und der Ausbildung der Kirchenmusikerin oder des Kirchenmusikers, die oder der auf der Kantoratsstelle eingesetzt ist.
( 3 ) Bei einer Kantoratsstelle für mehrere Kirchengemeinden (Gruppenkantorat) entrichtet die Kirchengemeinde, in der die Kantorin oder der Kantor die Mehrzahl der praktischen kirchenmusikalischen Dienste pro Jahr für diese Gemeinde versieht, den gesamten Pauschalbetrag. Diese Kirchengemeinde schließt mit den übrigen beteiligten Kirchengemeinden eine angemessene Refinanzierungsvereinbarung.
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§ 9
Dienstaufsicht, Fachvorgesetzte

( 1 ) Die Dienstaufsicht über die von Kirchengemeinden angestellten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker obliegt dem jeweiligen Kirchengemeinderat (Artikel 27 Abs. 2 Nr. 3 GO). Die Dienstaufsicht über die von Kirchenbezirken angestellten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker obliegt der oder dem für den jeweiligen Dienstort zuständigen Dekanin oder Dekan (Artikel 46 Abs. 2 GO). Die unmittelbare Dienstaufsicht über die von der Landeskirche angestellten Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker auf Kantoratsstellen obliegt der für den jeweiligen Dienstort zuständigen Dekanin oder dem zuständigen Dekan. Die mittelbare Dienstaufsicht wird vom Evangelischen Oberkirchenrat ausgeübt.
( 2 ) Die fachliche Betreuung der ehrenamtlichen Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker erfolgt durch die Bezirkskantorinnen und die Bezirkskantoren. Fachvorgesetzte der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker auf Kirchenmusikstellen (§ 5a KMusG) sind die Bezirkskantorinnen und die Bezirkskantoren. Fachvorgesetzte oder Fachvorgesetzter der Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusikern auf Kantoratsstellen ist die oder der nach der Geschäftsverteilung im Landeskantorat (§ 9 Abs. 1 KMusG) zuständige Landeskantorin oder Landeskantor. Im Einzelfall kann der Beirat für Kirchenmusik eine hiervon abweichende Regelung treffen.
( 3 ) Die Fachvorgesetztenstellung für die Landeskantorinnen und Landeskantoren (§ 9 KMusG) und die Personen nach § 10 KMusG bestimmt der Beirat für Kirchenmusik im Einzelfall. Soweit keine Regelung getroffen wird, ist die Landeskirchenmusikdirektorin bzw. der Landeskirchenmusikdirektor (§ 9 Abs. 3 Satz 2 KMusG) der Fachvorgesetzte.
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§ 10
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

( 1 ) Diese Rechtsverordnung tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.
( 2 ) Gleichzeitig tritt die Rechtsverordnung über das Verfahren der Besetzung von Stellen für Kantorinnen und Kantoren (Kantoratsbesetzungs-Rechtsverordnung – KantoratsBesRVO) vom 19. Februar 2013 (GVBl. S. 62) außer Kraft.

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1 ↑ Absatz 4 angefügt nach der RVO zur Änderung der RVO zur Ausführung des Kirchenmusikgesetzes vom 23. März 2021 (GVBl., Teil I, Nr. 31, S. 82) mit Wirkung zum 1. April 2021.