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Ordnung für Interreligiöses Gespräch in der Evangelischen Landeskirche in Baden

Vom 1. Juli 2014

(GVBl. S. 206)

Der Evangelische Oberkirchenrat erlässt gemäß Art. 78 Abs. 2 Nr. 4 Grundordnung (GO) folgende Ordnung:
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Präambel

„Die Landeskirche will im Glauben an Jesus Christus und im Gehorsam ihm gegenüber festhalten, was sie mit der Judenheit verbindet. Sie lebt aus der Ver-heißung, die zuerst an Israel ergangen ist, und bezeugt Gottes bleibende Erwählung Israels. Sie beugt sich unter die Schuld der Christenheit am Leiden des jüdischen Volkes und verurteilt alle Formen der Judenfeindlichkeit“ (Artikel 3 GO).
„Die Landeskirche sucht das Gespräch mit den nicht christlichen Religionen und ist auf allen ihren Ebenen offen für die Begegnung mit anderen Religions-gemeinschaften“ (Artikel 54 GO).
„Die Landeskirche ist darauf bedacht, in Gottesdienst und Unterricht, Lehre und Leben ihr Verständnis des Volkes Israel als Gottes Volk wach zu halten, wie es in Artikel 3 niedergelegt ist“ (Artikel 55 GO).
In Anknüpfung an die synodale Erklärung von 1984 zu „Christen und Juden“ und die Erklärung „Einander mit Wertschätzung begegnen – Zum Zusammenleben von Christen und Muslimen in Baden“ von 2005 begreift die Evangelische Landeskirche in Baden das Interreligiöse Gespräch als eine wesentliche Dimension des kirchlichen Auftrages.
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§ 1
Auftrag und Aufgaben

( 1 ) Der christlich-jüdische und der christlich-islamische Dialog fördern sowohl ihre je beidseitigen Beziehungen als auch das Miteinander der drei Religionen.
( 2 ) Innerhalb des Arbeitsbereichs Interreligiöses Gespräch kooperieren miteinander:
  1. die oder der Landeskirchliche Beauftragte für das christlich-jüdische Gespräch bzw. das christlich-islamische Gespräch,
  2. die Fachgruppen für christlich-jüdisches Gespräch bzw. christlich-islamisches Gespräch,
  3. der Studienkreis Kirche und Israel sowie
  4. die Beauftragten in den Kirchenbezirken.
( 3 ) In dieser Kooperation bestehen insbesondere folgende Aufgabenfelder:
  1. Begleitung und Beratung der kirchenleitenden Organe im Bereich interreligiöser Fragen,
  2. Bearbeitung von Themen des christlich-jüdischen Gesprächs und christlich-islamischen Gesprächs,
  3. Begleitung und Förderung von interreligiösen Initiativen in den Kirchenbezirken,
  4. Verstetigung der bezirklichen Beauftragungen und Stärkung von interreligiösen Netzwerken,
  5. Entwicklung und Durchführung von Fortbildungsangeboten zusammen mit den zuständigen Stellen im Evangelischen Oberkirchenrat,
  6. Kooperation mit den Foren in der Landeskirche zu friedensethischen Fragen,
  7. Entwicklung von Modellen interreligiös-diakonischer Praxis in den Gemeinden,
  8. Erstellung von Arbeitshilfen und Publikationen, Öffentlichkeitsarbeit,
  9. Beratung in Fragen zu Judentum und Islam,
  10. Zusammenarbeit mit den Nachbarkirchen sowie Kooperation mit der ACK Baden-Württemberg und der EKD.
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§ 2
Arbeit in den Fachgruppen

( 1 ) Der Evangelische Oberkirchenrat richtet Fachgruppen zur Bearbeitung interreligiöser Fragen ein: die Fachgruppe christlich-jüdisches Gespräch sowie die Fachgruppe christlich-islamisches Gespräch.
( 2 ) Der jeweiligen Fachgruppe gehören an:
  1. die oder der Landeskirchliche Beauftragte für das christlich-jüdische Gespräch bzw. für das christlich-islamische Gespräch,
  2. mindestens ein Mitglied der Landessynode,
  3. eine Vertreterin bzw. ein Vertreter der Landeskirche in einer interreligiösen Organisation bzw. Initiative,
  4. eine Vertreterin bzw. ein Vertreter weiterer Aufgabenfelder der Landeskirche,
  5. ein Mitglied des Studienkreises Kirche und Israel (entsandt in die Fachgruppe christlich-jüdisches Gespräch),
  6. mindestens eine Bezirksbeauftragte bzw. ein Bezirksbeauftragter (§ 4),
  7. bis zu drei sachverständige Personen, die von der Fachgruppe hinzuberufen werden können.
Die Mitglieder nach Nummer 1., 3., 7. werden für die Dauer einer Amtsperiode der Landessynode auf Vorschlag der Abteilung „Migration, Interkulturelle Kompetenz und Interreligiöses Gespräch“ vom Evangelischen Oberkirchenrat berufen. Die Landessynode entsendet das Mitglied nach Nummer 2.
( 3 ) Eine Fachgruppe soll je nach Umfang der Aufgaben nicht weniger als sechs und nicht mehr als zwölf Personen umfassen. Bei der Berufung in die Fachgruppen soll auf deren paritätische Besetzung mit Frauen und Männern geachtet werden.
( 4 ) Die Fachgruppen tagen je nach Notwendigkeit mindestens zweimal, aber höchstens viermal im Jahr.
( 5 ) Die Vernetzung der beiden Fachgruppen geschieht unter anderem durch gemeinsame Tagungen bzw. Sitzungen, die mindestens einmal im Jahr stattfinden.
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§ 3
Der Studienkreis Kirche und Israel

( 1 ) Der Studienkreis Kirche und Israel – von der Landessynode eingesetzt zur Vorbereitung der Erklärung „Christen und Juden“ von 1984 – sucht den Grundaussagen der Landeskirche zum christlich-jüdischen Verhältnis in kontinuierlicher theologischer Arbeit zu entsprechen. Dies geschieht unter anderem durch Beobachtung, Bearbeitung und Klärung von Fragestellungen, die das Verhältnis von Christen und Juden betreffen. Der Studienkreis versteht seine Arbeit im Sinne der Erklärung der Landessynode von 1984. Er nimmt die Bitte auf, „an diesem Thema weiterzuarbeiten und im Bemühen nicht nachzulassen“, ein erneuertes Verhältnis zum Judentum zu finden.
( 2 ) Der Studienkreis widmet sich seinen Aufgaben in direktem Austausch mit der Fachgruppe christlich-jüdisches Gespräch sowie der bzw. dem Landeskirchlichen Beauftragten für das christlich-jüdische Gespräch.
( 3 ) Der Studienkreis versteht sich im Besonderen als theologischer Arbeits- und Sachverständigenkreis und beschäftigt sich vornehmlich mit folgenden Themenfeldern:
  1. Anregung von Denkprozessen in Theologie und Kirche (Artikel 3, 55 GO),
  2. Beratung der Fachgruppe,
  3. Schärfung der Wahrnehmungsfähigkeit gegenüber judenfeindlichen Tendenzen in Kirche und Gesellschaft durch Stellungnahmen gegenüber den Leitungsorganen der Landeskirche,
  4. Beratung bzw. Mitwirkung bei der Fort- und Weiterbildung sowie anderen kirchlichen Veranstal-tungen in Gemeinden, Kirchenbezirken und Landeskirche,
  5. Beratung bzw. Mitwirkung bei der Fortbildung der Bezirksbeauftragten für das christlich-jüdische Gespräch,
  6. Beobachtung gesellschaftlicher Vorgänge und kirchlicher Äußerungen insbesondere im Blick auf den Staat Israel in Fortführung der Synodalerklärung vom 15.4.1988,
  7. Förderung von Begegnungen mit dem zeitgenössischen Judentum.
( 4 ) Der Studienkreis hat bis zu fünfzehn Mitglieder. Sie werden auf Vorschlag der Abteilung „Migration, Interkulturelle Kompetenz und Interreligiöses Gespräch“ durch den Evangelischen Oberkirchenrat für einen Zeitraum von sechs Jahren berufen. Wiederberufung ist möglich. In den Studienkreis kann berufen werden, wer sich in besonderer Weise für die oben genannten Ziele engagiert. Dem Studienkreis gehört die bzw. der Landeskirchliche Beauftragte für das christlich-jüdische Gespräch an. Zu einzelnen Projektgruppen können weitere Personen hinzugezogen werden.
( 5 ) Der Studienkreis wählt jeweils für die Dauer von drei Jahren eine Vorsitzende bzw. einen Vorsitzenden und eine Stellvertreterin bzw. einen Stellvertreter (Vorsitz). Der Studienkreis wählt für denselben Zeitraum einen Vorstand aus drei weiteren Mitgliedern, der den Vorsitz bei Fragen der Planung und bei eilbedürftigen Entscheidungen unterstützt.
( 6 ) Der Studienkreis tagt mindestens zweimal, aber höchstens fünfmal im Jahr. Die Koordination und Geschäftsführung obliegt dem Bereich „Interreligiöses Gespräch“ im Evangelischen Oberkirchenrat.
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§ 4
Die Bezirksbeauftragten
für das christlich-jüdische
bzw. christlich-islamisches Gespräch

( 1 ) In allen Kirchenbezirken sollen durch den Bezirkskirchenrat Bezirksbeauftragte für das christlich-jüdische bzw. das christlich-islamische Gespräch bestellt werden.
( 2 ) Die Bezirksbeauftragten sind gemäß Artikel 50 Satz 2 Nr. 5 GO Mitglieder im Dekanatsbeirat und arbeiten in Ausschüssen des Kirchenbezirks mit.
( 3 ) Die Bezirksbeauftragten sollen mindestens einmal jährlich an einer Studien- und Fortbildungstagung teilnehmen, die von den Landeskirchlichen Beauftragten im Bereich Interreligiöses Gespräch im Evangelischen Oberkirchenrat veranstaltet wird.
( 4 ) Zu den Aufgaben der Bezirksbeauftragten gehören insbesondere:
  1. die Begleitung von Dialoginitiativen im Kirchenbezirk,
  2. die Vermittlung von Informationen und Kontakten sowie die Mitarbeit bei Aktionen und Veranstaltungen,
  3. die Vertretung der Anliegen interreligiöser Verständigung in Organen und Arbeitskreisen des Kirchenbezirks,
  4. die Pflege interreligiöser Verbindungen im Kirchenbezirk und die Vermittlung von Kontakten zwischen Gemeinden, Gruppen und Netzwerken.
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§ 5
Inkrafttreten

Diese Ordnung tritt am 1. August 2014 in Kraft.
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